Das Bundesministerium der Finanzen hat kürzlich einen Referentenentwurf für ein "Wachstumschancengesetz" veröffentlicht. Das ehrgeizige Vorhaben sieht umfangreiche steuerliche Änderungen vor, die bis Ende 2023 umgesetzt werden sollen. Das Hauptziel dieser Änderungen? Unternehmen dazu ermutigen, mehr in Deutschland zu investieren und gleichzeitig die Bürokratie zu reduzieren. Hier sind die wichtigsten Änderungen, die vorgeschlagen wurden.
Wichtig: Es handelt sich bisher nur um einen Referentenentwurf.
1. Bürokratieabbau
Einnahmen aus Vermietungen bis 1.000 Euro p.a. steuerfrei
Eine der auffälligsten Änderungen ist die Einführung einer Steuerfreigrenze für Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung. Nach § 3 Nr. 73 EStG soll eine bürokratieentlastende Regelung eingeführt werden, die Einnahmen bis zu 1.000 Euro von der Steuer befreit.
Beachten Sie, dass dies eine Freigrenze und kein Freibetrag ist. Es handelt sich um eine Verbesserung gegenüber der bisherigen Vereinfachung in R. 21.2 EStR. Falls jedoch aus Vermietung Verluste erzielt werden, besteht auf Antrag weiterhin die Möglichkeit der Steuerpflicht.
Geringwertige Wirtschaftsgüter
Eine weitere wichtige Änderung betrifft geringwertige Wirtschaftsgüter (GWG). Bisher konnten Unternehmen GWG bis zu einem Anschaffungswert von 800 Euro sofort steuerlich absetzen. Das Wachstumschancengesetz sieht jedoch vor, dass diese Grenze auf 1.000 Euro erhöht wird.
Sammelposten
Zusätzlich zur Regelung für GWG wird auch die Regelung für Sammelposten geändert. Bisher konnten Unternehmen einen Sammelposten für Anschaffungen zwischen 250 Euro und 1.000 Euro bilden und diese über fünf Jahre abschreiben. Das neue Gesetz sieht vor, dass dieser Bereich auf Anschaffungen zwischen 250 Euro und 5.000 Euro erweitert und die Abschreibung auf drei Jahre verkürzt wird.
Geschenke jetzt bis 50 Euro steuerfrei
Die neue Regelung sieht auch eine Anhebung der steuerfreien Grenze für Geschenke vor. Bisher konnten Geschenke bis zu einem Wert von 35 Euro steuerfrei gewährt werden. Zukünftig wird diese Grenze auf 50 Euro pro Geschenk angehoben. Das betrifft beispielsweise Geschenke für Geschäftsfreunde. Es ist wichtig zu beachten, dass Geschenke an Mitarbeiter zu ihrem Geburtstag bis zu einem Wert von 60 Euro steuerfrei bleiben.
Betriebsveranstaltungen
Eine weitere Anpassung betrifft Betriebsveranstaltungen. Bisher konnten Unternehmen 110 Euro je Arbeitnehmer bei Betriebsveranstaltungen steuerfrei gewähren. Unter der neuen Regelung wird diese Grenze auf 150 Euro erhöht.
Verpflegungsmehraufwendungen
Die Änderungen betreffen auch Verpflegungsmehraufwendungen. Die neue Regelung sieht vor, dass der Betrag, der steuerfrei erstattet werden kann, in folgenden Fällen erhöht wird:
- Bei einer Abwesenheit von 24 Stunden von der Wohnung und der ersten Tätigkeitsstätte erhöht sich der Betrag von 28 Euro auf 30 Euro.
- Bei An- oder Abreisetagen, an denen der Arbeitnehmer übernachtet, erhöht sich der Betrag von 14 Euro auf 15 Euro.
- Bei Tagen, an denen der Arbeitnehmer mehr als 8 Stunden von seiner Wohnung und der ersten Tätigkeitsstätte abwesend ist, ohne zu übernachten, erhöht sich der Betrag ebenfalls von 14 Euro auf 15 Euro.
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Freigrenze für private Veräußerungsgeschäfte
Die Freigrenze für private Veräußerungsgeschäfte nach '§ 23 EStG* wird ebenfalls angehoben. Bisher betrug die Freigrenze 600 Euro. Mit den neuen Änderungen wird diese auf 1.000 Euro erhöht, was insbesondere für Kryptotrader interessant ist.
Vierteljährliche Umsatzsteuervoranmeldungen
Bisher war eine vierteljährliche Umsatzsteuervoranmeldung bereits bei einer Zahllast von 1.000 Euro pro Jahr erforderlich. Zukünftig wird dieser Schwellenwert auf 2.000 Euro angehoben.
Ist-Besteuerung bei der Umsatzsteuer und allgemeine Buchführungspflicht
Die Grenze für die Ist-Besteuerung bei der Umsatzsteuer sowie die allgemeine Buchführungspflicht wird von 600.000 Euro Umsatz auf 800.000 Euro erhöht. Außerdem tritt eine Buchführungspflicht ein, wenn der Gewinn 80.000 Euro übersteigt. Bisher ist dies bereits bei einem Gewinn von über 60.000 Euro der Fall.
2. Investitionsprämie
Die Investitionsprämie beinhaltet einen 15%igen Zuschuss zu klimaschutzdienlichen Investitionen. Dieser Zuschuss bringt auch für Unternehmen Vorteile, die Verluste machen. Um den Zuschuss zu erhalten, muss ein Energiekonzept vorgelegt werden. Dafür wird ein Energieberater benötigt. Es besteht allerdings die Befürchtung, dass die Preise durch das erforderliche Energiekonzept letztendlich steigen könnten. Außerdem klagen viele Unternehmen bereits jetzt darüber keinen Energieberater zu finden.
3. Steuerbegünstigungen
Sonderabschreibung
Gemäß § 7g Abs. 5 EStG können derzeit 20% der Anschaffungskosten im Investitionsjahr als Sonderabschreibungen geltend gemacht werden. Dieser Satz soll auf 50% erhöht werden, was einen attraktiven Anreiz für Investitionen in bewegliche Wirtschaftsgüter darstellt. Allerdings gilt diese Regelung nur für kleinere Unternehmen.
Verlustrücktrag
Der Verlustrücktrag, der derzeit aufgrund von COVID-19 für zwei Jahre gilt, soll künftig auf drei Jahre erweitert werden. Dies betrifft Verluste bis zu 10 Millionen Euro oder 20 Millionen Euro für Ehepaare und gilt auch für Körperschaften. Bei der Gewerbesteuer ist jedoch kein Verlustrücktrag möglich.
Verlustvortrag
Bisher ist der Verlustvortrag nur bis zu einem Betrag von 1 Million Euro möglich. Darüber hinaus sind nur 60% möglich. Diese Regelung soll bis 2027 ausgesetzt werden. Ab 2028 wird ein Verlustvortrag bis zu einem Sockelbetrag von 10 Millionen Euro möglich sein. Dies ist eine wichtige Regelung, um erhebliche steuerliche Nachteile durch die Abschnittsbesteuerung zu vermeiden.
Rentenbesteuerung
Ab 2023 soll der Anstieg des Besteuerungsanteils für jeden neuen Renteneintrittsjahrgang auf einen halben Prozentpunkt pro Jahr reduziert werden.
Thesaurierungsbegünstigung
Die Thesaurierungsbegünstigung nach § 34a EStG soll für Personengesellschaften und Einzelunternehmen die Möglichkeit einer geringeren Besteuerung bieten, wenn Gewinne nicht aus dem Unternehmen entnommen werden. Hier soll dann statt dem persönlichen Steuersatz von 45% nur eine Pauschalsteuer von 28,25 % zur Anwendung kommen.
Diese Möglichkeit wird bisher aber kaum genutzt, wegen der erforderlichen Entnahme zur Zahlung der Pauschalsteuer von 28,25 %. Die effektive Steuerbelastung lag deshalb deutlich über 30%.
Dies soll nun geändert werden, um die Nachteile der Entnahme der Mittel für die anstehende Steuerzahlung zu beseitigen.
Option zur Körperschaftsbesteuerung für Personengesellschaften (§ 1a KStG)
Personenhandelsgesellschaften haben bereits jetzt die Möglichkeit, sich durch eine Option wie eine Körperschaft besteuern zu lassen. Diese Option war bisher jedoch kaum attraktiv, da die Regelung restriktiv gestaltet war und alle Gewinne der Personengesellschaft als ausgeschüttet galten, wenn der Gesellschaftsvertrag nicht aufwendig geändert wurde. Darüber hinaus mussten bei der Ausübung der Option alle Vermögensgegenstände der Personengesellschaft übertragen werden. Diese Anforderung hat insbesondere bei GmbH & Co. KGs zu Unsicherheiten geführt, da unklar war, ob die Komplementär-GmbH Anteile auch übertragen werden müssen. Dies soll nun geändert werden, sodass die Option zur Körperschaftsbesteuerung deutlich attraktiver wird. Zudem wird sie auch für Gesellschaften bürgerlichen Rechts möglich sein.
4. Vermeidung von Steuergestaltungen
Zinsschranke (§4h EStG)
Derzeit können Zinsaufwendungen nicht in voller Höhe steuerlich abgesetzt werden, wenn die Belastung mit Zinsaufwendungen mehr als 30% des EBITDA ausmacht (vereinfacht dargestellt). Diese Regelung gilt erst für Zinsaufwendungen von mehr als 3 Millionen Euro pro Jahr. Eine Verschärfung ist geplant, bei der Ausnahmen, etwa durch den Nachweis hohen Eigenkapitals im Konzern, wegfallen. Unternehmen die höhere Zinsaufwendungen als 3 Millionen Euro pro Jahr haben können diese dann nicht mehr steuerlich geltend machen, wenn die Zinsaufwendungen mehr als 30% des EBITDA ausmachen.
Zinshöhenschranke (§ 4l EStG)
Mit der neuen Regelung soll klargestellt werden, dass Zinsaufwendungen für grenzüberschreitende Darlehen nicht mehr abzugsfähig sind, wenn diese einen zu hohen Zinssatz aufweisen. Ein Zinssatz über dem um zwei Prozentpunkte erhöhten Basiszinssatz nach § 247 BGB (derzeit 3,62%, also wären Zinssätze über 5,62% nicht abzugsfähig) ist als zu hoch anzusehen. Es bleibt jedoch möglich, nachzuweisen, dass man ein fremdübliches Darlehen nur zu höheren Zinsen bekommen hätte, dann sind auch höhere Zinsen abzugsfähig. Es ist zu erwarten, dass diese Regelung in der Praxis zu vielen Streitigkeiten führen wird.
Es bleibt abzuwarten, welche in dem Referentenentwurf vorgeschlagenen Maßnahmen umgesetzt werden. Den Referentenentwurf finden Sie hier:
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