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Zweites Jahressteuergesetz 2024: Tarifänderungen, Freibeträge und Gemeinnützigkeit

Geschätzte Lesezeit: 6 Min.

Das erste Jahressteuergesetz (JStG) 2024 ist noch nicht verabschiedet, da folgt schon der Entwurf für das zweite Jahressteuergesetz 2024. Der Referentenentwurf des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) für ein zweites Jahressteuergesetz 2024 (JStG 2024 II) hat den Bearbeitungsstand 10. Juli 2024. Er ergänzt den Entwurf des ersten Jahressteuergesetzes 2024, da nach Ansicht der Bundesregierung mit den darin enthaltenen Maßnahmen die vielfältigen Herausforderungen noch nicht bewältigt werden können.

Laut Gesetzesentwurf muss sichergestellt werden, dass die Steuerlast nicht allein durch die Inflation ansteigt und damit zu Belastungen führt, ohne dass sich die Leistungsfähigkeit erhöht hat.


In einem bereits veröffentlichen Blogbeitrag thematisierten wir das erste Jahressteuergesetz detailliert.

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Zweites Jahressteuergesetz 2024

Steuertarif & Grundfreibetrag

Die für die Veranlagungszeiträume (VZ) 2025 und 2026 geltenden Einkommensteuertarife sollen wie folgt angepasst werden, um die kalte Progression auszugleichen:

Grundfreibetrag:

VZ 2024: 11.604 EUR

VZ 2025: 12.084 EUR

VZ 2026: 12.336 EUR

Kinderfreibetrag:

VZ 2024: 6.612 EUR

VZ 2025: 6.672 EUR

VZ 2026: 6.828 EUR

Außerdem sollen die übrigen Eckwerte des Einkommensteuertarifs für die VZ 2025 und 2026 angepasst werden. Der Eckwert der sogenannten "Reichensteuer" soll sich dabei nicht ändern. Insofern findet für Steuerpflichtige mit Einkünften über 277.826 Euro keine Entlastung von der Inflation und damit eine versteckte Steuererhöhung statt.

Die Freigrenzen beim Solidaritätszuschlag sollen für die VZ 2025 und 2026 zwar angehoben werden. Es bestehen allerdings aus unserer Sicht erhebliche Zweifel, ob der Solidaritätszuschlag in der aktuellen Ausgestaltung noch verfassungsgemäß ist. Ggf. wird die Bundesregierung durch das beim BVerfG unter dem Az. 2 BvR 1505/20 anhängige Verfahren hier zu einer Abschaffung oder Änderung des Solidaritätszuschlages gezwungen.

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Keine rückwirkende Anpassung für 2024:

Ursprünglich hatte der Finanzminister angekündigt, den Grundfreibetrag schon rückwirkend für 2024 um 180 EUR auf 11.784 EUR zu erhöhen. Das diese rückwirkende Anpassung nun wegfällt, ist zwar gut für den Verwaltungsaufwand, besonders bei der Lohnabrechnung wäre das ein hoher Aufwand gewesen.

Aber was ist mit der Entlastung von der kalten Progression?

Durch das gestiegene Bürgergeld und den dadurch zum Ausdruck gebrachten höheren Mehrbedarf für die Lebensführung müssen auch Steuerzahler entlastet werden. Das subjektive Nettoprinzip bestätigt der Bundesgerichtshof (BVerfG) hinsichtlich des Existenzminimums des Steuerpflichtigen und seiner Familie.

Erhöhung des Kindergelds

Das Kindergeld soll zum 1. Januar 2025 um 5 EUR auf 255 EUR pro Kind im Monat angehoben werden.

Lohnsteuerklassen

Die Lohnsteuerklassen drei und fünf sollen abgeschafft werden. Dies war schon im Koalitionsvertrag vereinbart.

Ab Januar 2030 sollen alle Ehepaare die Steuerklasse vier mit Faktorverfahren nutzen. Das neue Faktorverfahren soll einfach und unbürokratisch anwendbar sein. Das Bundeszentralamt für Steuern soll einen Faktor für die Eheleute voll automatisch bilden und berechnen. Dieser soll sich am tatsächlichen Einkommen des Vorjahres orientieren, das die Arbeitgeber mit dem elektronischen Lohnsteuerbescheinigungsverfahren an das Finanzamt übermitteln. Der berechnete Faktor wird mitgeteilt und gilt ab 2030 für die Lohnabrechnung. Auf Antrag kann der Faktor weiterhin geändert werden, etwa wenn die Eheleute eine deutliche Einkommensänderung erwarten.

Ist das eine Steuererhöhung?

Durch die Steuerklassen wird der finanzielle Vorteil des Ehegattensplittings bereits bei der monatlichen Lohnabrechnung berücksichtigt. Bei der Steuerklassenkombination drei und fünf wird unterstellt, dass der Partner in Klasse drei ungefähr 60 % zum gemeinsamen Einkommen beiträgt und der in der Steuerklasse fünf etwa 40 %. Sind die Einkommensunterschiede noch größer, zahlt der Ehepartner mit der Klasse drei monatlich weniger Steuern. Dafür muss eine Steuererklärung abgegeben werden, und im Folgejahr bei der Steuererklärung müssen die zu wenig bezahlten Steuern nachgezahlt werden.

Viele halten diese Kombination für ungerecht, weil vor allem Frauen in die schlechtere Lohnsteuerklasse wechseln und deswegen das Gefühl haben, ihre Arbeit lohne sich weniger.

Gemeinnützigkeit

Die Mittelverwendung steuerbegünstigter Körperschaften nach § 55 Abs. 1 Nr. 5 AO soll entfallen. Ob die Körperschaft tatsächlich gemeinnützig tätig ist und wie sie ihre Mittel einsetzt, wird die Finanzverwaltung dann anhand der bereits vorhandenen Aufzeichnungen prüfen.

Politische Betätigung steuerbegünstigter Körperschaften:

Es soll klargestellt werden, dass steuerbegünstigte Körperschaften "gelegentlich" auch zu tagespolitischen Themen Stellung beziehen dürfen, ohne dass sie ihre Gemeinnützigkeit gefährden. Die Äußerungen müssen aufgrund eines besonderen Anlasses erfolgen und der steuerbegünstigten Zweckverfolgung untergeordnet sein.

Das Finanzamt hatte der politischen Organisation ATTAC 2019 die Gemeinnützigkeit aberkannt, weil die Einflussnahme auf politische Willensbildung und öffentliche Meinung kein eigenständiger gemeinnütziger Zweck im Sinne von § 52 AO ist. Die Förderung des demokratischen Staatswesens in § 52 Abs. 2 Satz 1 Nr. 24 AO ist zwar ein gemeinnütziger Zweck. Dieser umfasst aber nur die Schaffung und Förderung politischer Wahrnehmungsfähigkeit und politischen Verantwortungsbewusstseins sowie die Diskussion politischer Fragen "in geistiger Offenheit". Dies war bei ATTAC nicht gegeben.

Anzeigepflicht für innerstaatliche Steuergestaltungen

Es soll erneut ein Versuch unternommen werden eine Meldepflicht für Steuergestaltung einzuführen. Eine Meldepflicht soll sich ergeben, wenn Hauptvorteil einer Maßnahme die Erlangung eines Steuervorteils ist. Dies ist jedoch sehr vage und wird dazu führen, dass in der Praxis Berufsträger (Steuerberater) eine Vielzahl von Sachverhalten melden.

Ein Beispiel für eine meldepflichtige Gestaltung wäre, wenn eine Mutter ein Vermögen von 1 Million Euro besitzt und dieses Vermögen den Kindern schenken will. Damit sie statt Bargeld steuerbegünstigtes Vermögen verschenkt, kauft sie beispielsweise eine Photovoltaikanlage, da sich dieses Vermögen steuergünstiger als Bargeld schenken lässt.

Ein Vorstoß, die Meldepflicht einzuführen war schon im Wachstumschancengesetz vorgesehen. Dies wurde dann glücklicherweise im Bundesrat gestrichen, da keine Mehrheit für die Ampelkoalition vorhanden war.

Exkurs: Wachstumspaket

Unabhängig vom Jahressteuergesetz II hat die Bundesregierung ein Wachstumspaket angekündigt. Dabei sollen folgende Steueränderungen umgesetzt werden:

Degressive Abschreibung bis 2028:

Die degressive Abschreibung für bewegliche Wirtschaftsgüter soll bestehen bleiben bis 2028 und der Abschreibungssatz soll auf das 2,5-fache erhöht werden (bisher 2,0-fache).

Steuerrabatte für qualifizierte Zuwanderer:

Neu zugewanderte Fachkräfte sollen in den ersten drei Jahren 30, 20 und 10 Prozent vom Bruttolohn steuerfrei stellen können.

Steuerfreie Überstundenzuschläge:

Zahlungen für Mehrarbeit, die über die tariflich vereinbarte Vollzeitarbeit hinausgeht, sollen steuerfrei möglich werden.

Als Vollzeitarbeit gilt dabei für tarifliche Regelungen eine Wochenarbeitszeit von mindestens 34 Stunden, für nicht tariflich festgelegte oder vereinbarte Arbeitszeiten von 40 Stunden.

Sonderabschreibungen für E-Autos:

Für gewerblich genutzte E-Autos soll es Sonderabschreibungen geben. Außerdem soll auch für höherwertige E-Autos die Möglichkeit bestehen, die günstigere Besteuerung von 0,25 % des Listenpreises für die Privatnutzung zu nutzen.

Arbeitgeberbeiträge zur Renten- und Arbeitslosenversicherung: Bei der Beschäftigung von Rentnern müssen Arbeitgeber momentan weiterhin Beiträge zur Rentenversicherung und Beiträge zur Arbeitslosenversicherung zahlen. Diese Beiträge sollen Beschäftigten, die bereits eine Rente beziehen, in Zukunft direkt als Lohn ausgezahlt werden können.

Hören Sie sich auch unseren Podcast "Sei doch nicht besteuert" mit Fabian Walter, alias "Steuerfabi" und mir zum Thema an.

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