Am 18. Oktober 2024 verabschiedete der Bundestag das Jahressteuergesetz (JStG) 2024 mit zahlreichen Änderungen, die über den Regierungsentwurf hinausgehen. In diesem Beitrag gehen wir auf die aktuellen Anpassungen ein, die tatsächlich umgesetzt wurden und teilweise überraschend neue Aspekte beinhalten. Einen umfassenden Überblick über die ursprünglich geplanten Änderungen finden Sie bereits in unserem vorherigen Blogartikel: JStG 2024: Diese steuerlichen Änderungen sind ab 2025 geplant. Hier werden nun die tatsächlich beschlossenen Neuerungen ausführlich dargestellt.
Wegzugsteuer für Kapitalanleger: Ausweitung auf Investmentfonds
Bisherige Regelung und Hintergrund
Die Wegzugsteuer zielte bisher hauptsächlich auf Anteile an Kapitalgesellschaften ab, sofern der Steuerpflichtige mehr als 1 % der Anteile hält. Der Grundgedanke: In Deutschland erwirtschaftete Vermögenswerte sollen beim Wegzug letztmalig besteuert werden.
Neue Regelung: Investmentfonds erfasst
Ab sofort gilt die Wegzugsteuer auch für Investmentfonds wie ETFs, wenn:
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ein Anleger mehr als 1 % der Anteile am Fonds hält oder
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der investierte Betrag in einen einzelnen Fond 500.000 Euro übersteigt.
Beispielsweise könnten MSCI World ETFs unter die neue Regelung fallen, obwohl nur etwa 2,3 % der darin enthaltenen Unternehmen deutsche Unternehmen sind. Kritiker fragen, ob die Regelung "überschießend" ist, da sie Anleger mit international diversifizierten Portfolios betrifft.
Umgehungsmöglichkeiten
Die Reform könnte für einige wie eine "Dummensteuer" wirken, da die Belastung umgangen werden kann, indem das Vermögen auf verschiedene ETFs verteilt wird. Wenn ein Vermögen von 1.000.000 Euro einfach auf 3 verschiedene ETFs aufgeteilt wird, wobei in keinen der ETF mehr als 500.000 Euro investiert wird, scheidet die Wegzugsteuer aus.
Fraglich bleibt, ob die Regelung auch qualifizierte Fachkräfte nach Deutschland lockt – ein Argument, das Gegner anzweifeln.
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Anfrage stellenVerlustverrechnungsbeschränkung bei Optionen aufgehoben
Aufhebung der Verlustverrechnungsbeschränkung
Für Termingeschäfte, darunter Optionen, entfällt die bisherige Verlustverrechnungsbeschränkung, bei der Verluste aus Optionsgeschäften nur bis zur Höhe von 20.000 Euro mit Gewinnen aus Optionsgeschäften verrechnet werden durften. Diese Beschränkung wurde jedoch vom BFH in einem ersten Verfahren als verfassungswidrig eingestuft (Beschluss vom 7. Juni 2024, VIII B 113/23). Insofern hat der Gesetzgeber hier einer drohende Einordnung des Gesetzes als verfassungswidrig durch das Bundesverfassungsgericht vorweggegriffen.
Somit ist es Anlegern nun möglich, ihre Verluste aus Termingeschäften uneingeschränkt mit anderen Kapitalerträgen zu verrechnen.
Übertragung von Wirtschaftsgütern zwischen Schwester-Personengesellschaften
Neue Buchwertregelung
Eine Änderung im § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 4 EStG erlaubt nun die Buchwertübertragung von Wirtschaftsgütern zwischen beteiligungsidentischen Personengesellschaften. Damit wird ein Urteil des BVerfG (Beschluss vom 28. November 2023, BvL 8/13) umgesetzt, um die steuerliche Belastung bei internen Umstrukturierungen zu reduzieren.
Zu beachten ist, dass dies nur für beteiligungsidentische Personengesellschaften gilt. Das heißt die beiden Personengesellschaften zwischen denen Vermögensgegenstände übertragen werden, müssen von denselben Gesellschaftern gehalten werden.
Verschärfung der Sperrfristregelung
Allerdings wurde die Sperrfristregelung für den Wechsel von Anteilen an einer Körperschaft angepasst. Wenn nach einer oben beschriebenen steuerneutralen Übertragung von Vermögen zwischen Schwesterpersonengesellschaften anschließend eine Körperschaft (z. B. GmbH) an der Personengesellschaft beteiligt wird, könnte darin ein Sperrfristverstoß liegen. Diese Regelung wurde nun verschärft. Zukünftig könnte eine Steuer ausgelöst werden, wenn sich nach der Übertragung von Vermögen zwischen Schwesterpersonengesellschaften an der schon eine Körperschaft (z. B. GmbH) beteiligt ist, eine andere Körperschaft (z. B. GmbH) beteiligt.
Obwohl also letztlich keine sog. Statusverbesserung eintritt, weil einfach die bisher an der Personengesellschaft beteiligte Körperschaft ihren Personengesellschaftsanteil an eine andere Körperschaft überträgt, läge hierbei ein Sperrfristverstoß vor. Damit wäre die Übertragung von Vermögen innerhalb von Personengesellschaften dann nachträglich steuerpflichtig.
Kinderbetreuungskosten: Höhere Abzugsfähigkeit
Neue Regelung
Eltern können nun 80 % ihrer Kinderbetreuungskosten als Sonderausgaben geltend machen – bisher waren es nur zwei Drittel. Der Höchstbetrag wurde von 4.000 Euro auf 4.800 Euro je Kind erhöht. Diese Anpassung entlastet Familien und unterstützt die Vereinbarkeit von Beruf und Familie.
Unterhaltsaufwendungen: Nur noch per Banküberweisung absetzbar
Der Abzug von Unterhaltsaufwendungen ist nur noch dann möglich, wenn die Zahlung per Banküberweisung erfolgt. Bislang wurden auch Bargeldzahlungen anerkannt. In besonderen Ausnahmefällen, wie etwa bei Kriegsgebieten, können Billigkeitsregelungen greifen.
Anpassung der gewerbesteuerlichen Grundbesitzkürzung
Die bisherige pauschale Kürzung für betriebliche Grundstücke von 1,2 % des Einheitswertes bei der Gewerbesteuer wird durch eine Berechnung auf Basis der tatsächlich als Betriebsausgabe erfassten Grundsteuer ersetzt. Diese Änderung berücksichtigt die neue Grundsteuerreform, die in den Bundesländern unterschiedlich umgesetzt wird, und sorgt für eine realitätsnahe Besteuerung.
Erhöhung des Erbfallkostenpauschbetrags
Der Erbfallkostenpauschbetrag wird von bisher 10.300 Euro auf 15.000 Euro erhöht. Diese Anpassung berücksichtigt die gestiegenen Kosten bei Nachlassregelungen und entlastet Erben in steuerlicher Hinsicht.
Nachweis des niedrigeren gemeinen Werts
Nach Entscheidungen des BFH (II B 78/23, II B 79/23) können Steuerpflichtige künftig für die Grundsteuer einen niedrigeren Wert ihres Grundstücks nachweisen, wenn der festgestellte Grundsteuerwert um mehr als 40 % über dem gemeinen Wert liegt. Dies wurde nun gesetzlich verankert, um eine gerechte Bewertung zu gewährleisten.
Pauschalbesteuerung von Mobilitätsbudgets entfällt
Schließlich wurde die Möglichkeit zur pauschalen Besteuerung von Mobilitätsbudgets gestrichen. Unternehmen können diese zukünftig nicht wie ursprünglich geplant steuerbegünstigt ein Mobilitätsbudget für ihre Mitarbeiter anbieten.
Podcast-Folge:
Hören Sie sich auch die Folge aus dem Podcast "Sei doch nicht besteuert" mit Fabian Walter, alias "Steuerfabi" und mir an.
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